Schulanlage Brunnmatt, Basel

Ikone, Spielraum, Lernort

Dachaufsicht Kindergarten, historisches Foto

Béton brut, der rohe Beton, der dem Brutalismus seinen Namen gab, prägt auch das ikonische Schulhaus Brunnmatt. Der auf den ersten Blick so gewaltig wirkende, denkmalgeschützte Bau überrascht mit einem feinsinnigen Umgang mit der Topographie und der Landschaft. Das Gelände, das Gebäude und seine Freiräume verschränken sich zu einem reichhaltigen und bezugsreichen Gefüge aus Höfen, Terrassen, Nischen und weiten Grünflächen auf mehreren Ebenen. Für die neue Nutzerschaft wurde dieses vielschichtige Gefüge saniert, wiederbelebt und kindgerecht interpretiert.

Chronologie:
Planung 2010–2012, Realisierung: 2012–2014
Bauherrschaft:
Bau- und Verkehrsdepartement, Hochbauamt, Basel-Stadt
Architektur:
Fierz Architekten, Basel
Baumanagement:
gsg Projekt Partner, Basel
Situationsplan Umgestaltung

Die Qualität des Unverrückbaren

Der durchgestaltete Baukörper der Architektengruppe Förderer/Otto/Zwimpfer aus dem Jahr 1963 ist ein wichtiger Zeitzeuge des New Brutalism und mit seiner kolossalen Architektur und engen Verflechtung von Innen- und Aussenraum wenig wandelbar. Die neuen Bedürfnisse der Schulnutzung erforderten 2010 dennoch Veränderung. Das ehemalige Oberstufenschulhaus mit Aula und Musikschule musste in eine Primarschule mit Tagesschule und Kinderhort umgewandelt werden. Die anspruchsvolle Ausgangslage erwies sich als Glücksfall, bot sie doch nur eine Möglichkeit: den Koloss in seiner ganzen Eigenart zu begreifen und zu respektieren.

Verstehen statt verändern

Nicht der grosse Wurf war hier gefragt – es galt, die Qualitäten des Ganzen und jedes einzelnen Teilbereichs zu analysieren, das Potenzial der Bereiche für die neue Nutzung zu interpretieren und zu adaptieren: zu inspirierenden Freiräumen für Kinder, die den Denkmalschutz, die Sicherheit, den Baumbestand und die angrenzenden Innenraumnutzungen selbstverständlich einbeziehen; es galt, der rauen Gestaltung mit feinen Eingriffen in der Sprache des Bestands kindertaugliche Freiräume zu entlocken, ohne die so aussergewöhnliche wie gewöhnungsbedürftige Ausstrahlung der Anlage zu verkindlichen.

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Oben: die neuen Heckenkörper: geometrisches Bild aus Sicht der Klassenzimmer, begehbarer Raum für die Kinder, doch für die Aufsichtspersonen überblickbar. Unten: Historische Fotos der Original-Anlage.
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Szenographische Betonlandschaft

Das Gebäude am Hangfuss erscheint fast wie ein Teil der Landschaft: ein abstrakter Felsen aus Beton, der sich hier ins Gelände eingräbt, dort darüber erhebt, dramatisch auskragt, in Stufen abfällt oder sanft in die Wiese ausläuft. In der architektonisch gegebenen Klarheit des Freiraumgefüges wird die Vegetation zur Trägerin und Verstärkerin von Atmosphäre und Raumgefühl. Die pflanzliche Neugestaltung arbeitet mit den Naturbildern, die sich aus den Gesten der Architektur und den Wachstumsbedingungen des spezifischen Ortes ableiten: Pflanztröge auf den höher gelegenen Terrassen mit ihren trockenen, exponierten Lebensbedingungen wurden mit Arten der Felsvorsprünge wie Sedum und Gräsern bepflanzt, schattige Hof-Täler mit üppigen Farnen und anderen Schattenpflanzen. Im Schulhof beschatten nach wie vor die alten Bäume den sanierten Brunnen. Aus den Klassenzimmern betrachtet, zeichnen die Pflanzen im Wechselspiel mit den gebauten Elementen zweidimensionale Bilder. In den Höfen werden die Bilder zu Pflanzenkörpern: für die Kinder begehbar, für die Erwachsenen überblickbar.

Baukörper und Pflanzenkörper

Neu und Alt, Spiel-, Lern- und Aufenthaltsraum wurden dem Grundprinzip der Originalanlage gemäss weiter ineinander verwoben. Die bestehenden Freiräume wurden in Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen kind- und schulgerecht interpretiert und entwickelt. Mit den Mitteln der Vegetation und der Raumbildung wurden dezidierte, intensive Raumerlebnisse und Stimmungen geschaffen, die der starken Architektur entsprechen. Sie fügen sich zu einer komplexen, doch überschaubaren Erlebnislandschaft aus Beton und Vegetation.

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Der Übergang als Schlüsselelement

Ebenso prägend wie die Verschränkung der Innen- und Aussenräume ist das raffinierte Spiel der Übergänge zwischen Baukörper, Freiraum und Umgebung. Die Sanierung stärkte mit vegetativen Mitteln hier klare, dort fliessende Übergänge. Farne in Aussparungen des Plattenbelags vermitteln vom Haus zum Hof, der Schotterrassen des Pausenplatzes geht fliessend in höhere Wildgräser über, aus denen die Mauern herauszuwachsen scheinen. Erschliessungen machen die Übergänge zwischen den so unterschiedlichen Freiräumen unmittelbar wahrnehmbar – von der mächtigen Treppe zum Haupteingang über die sich auflösenden Platten im Pausenhof bis zum Wiesenweg, der subtil zum Grundstück des benachbarten Schäfers lenkt.

Alle Fotos ausser den historischen Bildern sowie Bild 3 in Spalte 1 und Bilder 2 und 3 in Spalte 2: Robert Adam, Basel